http://www.regioactive.de/story/7525/tomte_auf_tour_interview_mit_thees_uhlmann.html

S.191
Bremen, 09.03.06
Wenn mein iPod mich siezt, warum duzt mich dann Ikea? Das
hat nichts damit zu tun, dass in Schweden jeder jeden duzt.
Vor zwei Jahren wurde man bei Ikea nämlich noch gesiezt,
das weiß ich genau. Es gibt viele Rätsel im Leben, die man
nur langsam löst. Wo ist meine Heimat, wo ist mein Zuhause.
Seit zehn Jahren wohne ich in Bremen, nur warum fühle ich
mich dann seltsam fremd, wenn ich in meinem Bett – gut, es
ist nur meine derzeitige Koje – aufwache, in meiner Stadt?
Ich nehme die Straßenbahn nach Hause für eine Dusche, ein
paar Küsse von der Liebsten und ein leckeres Mittagessen.
Frühaufsteher Olli sieht mich aus der Tram aussteigen. Er
sitzt im Gegenzug und kommt vom Hallenbad zurück: »Ich
wollt erst an die Scheibe klopfen, aber dann habe ich es
doch sein gelassen.« Als Thees zum Sender Bremen Vier
fährt, fordert Timo, er möge unbedingt Burkard Rausch und
Axel P. Sommerfeld aus dem Radio mitbringen. Zwei
Radiolegenden die Thees und Timos Jugend geprägt haben, aus
einer Zeit, als es noch Radiolegenden gab. Typen die füretwas standen und sich einen Namen gemacht haben.
Ich höre Thees Zuhause sitzend im Radio ab, um gleich
wieder zum Schlachthof zu stoßen. Rumgealber, ein Wort gibt
das nächste. Ich verliere den Krampfadern-Contest um Längen
gegen Dennis Becker. Hätte nie im Leben gedacht, dass es
jemanden schlimmer erwischt hat als mich.[…]
»I bet that you look good on the dance floor«. Vor ein paar
Tagen hat Thees die Arctic Monkeys in Berlin gesehen und
sich amüsiert wie selbstverständlich die Band den
Bierbecherhagel des zur Hälfte aus Briten bestehenden
Publikums hingenommen hat. Nachdem er die weißen Lilien,
die er selbst gekauft hat, ins Publikum geworfen hat,
fordert er einen Bierbecherhagel auf sich. Nach den
zögerlichen ersten zwei, drei Bechern, die immerhin mit
einem Euro Pfand belegt sind, folgen noch sehr viele
weitere. Da lacht der Uhl und steht nur kurz darauf mit
einem Ivan Klasniç Trikot in Werder Bremen Grün-Orange vor
dem Publikum. Sichtlich genießt er das kleine Rock'n'Roll
Theater, das er heute in den Auftritt seiner Band
einflicht.[…]

S.33
Saarbrücken 04.07.03
[…]
»Solange noch Gift und Galle in unseren welken Körpern ist, werden wir es dem Leben entgegenspucken, bis es sich verzieht und ein besseres Leben kommt!« Heute sind die Ansagen von der Bühne kämpferischer, es liegt was in der Luft vielleicht. Oder an der nervenden Fahrerei.

Lee Hollis bekommt ein Lied gewidmet »Ohne die Spermbirds hätte es uns nie gegeben, ohne diese Band würden wir hier heute nicht stehen.« So gibt Thees ein bisschen von dem zurück, was andere Bands uns früher gaben. Spielt ja nicht wirklich eine Rolle, dass die Spermbirds aus K-Town, aus Kaiserslautern kommen. Wir wissen, dass ein paar von ihnen heute in Saarbrücken leben.

Sascha von Wolverine-Records hat es einmal wehmütig in einem Interview auf den Punkt gebracht: »Spermbirds, das war für uns die Band, von der man sich ohne zu Zögern alle Texte auf den Arm tätowiert hätte.« Wenn ich auch ein paar Jahre älter bin als Tomte, unsere Herkunft ist die gleiche, unsere frühen Helden auch. Da ist es immer schön, Ansagen zu hören, die man selbst nicht besser machen könnte.

Später treffen wir Lee Hollis im Karate Klub Meier. Das ist der Verein, in dem er mit gezielten Handkantenschlägen Bierflaschen köpft. Abseits einer Bühne ist er immer noch der gleiche Mister Shy & Nice Guy.
[…]